Werkstatt-Besuch bei Schmied Andreas Schweikert


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Vor 35 Jahren hat Andreas Schweikert einen Film gesehen. Da legten Kinder in Mexiko Nägel auf die Schienen und warteten auf den nächsten Zug, der sie plattwalzte. Daraus haben sie einfache Messer hergestellt. Das hat den deutschen Knaben in Talheim am schwäbischen Albtrauf fasziniert. Und so klopfte er auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern fleißig Nägel flach. Ein Amboss war schon da. Den benutzte der Vater, um die Sensen zu dengeln. Von ihm kam auch der Tipp, die Nägel vorher im Lagerfeuer zu erhitzen, bis sie glühten. So entzündete sich in Schweikert das Feuer der Leidenschaft für Messer. Und es brennt bis heute.

Es blieb nicht dabei, dass er bei jeder Gelegenheit dem Dorfschmied zusah, wie er mit wuchtigen Schlägen den glühenden Stahl in Form brachte. „Das hat mich fasziniert. Das ist das Ebenbild des Handwerks.“ Er absolvierte eine Schmiedelehre und besuchte die Meisterschule.

Anschließend sammelte Schweikert Erfahrungen in einer Härterei. Zuhause entstand in einem Nebengebäude eine eigene Schmiede. Der sieht man heute noch die Ursprünge an. Schweikert hat viele Geräte selber hergestellt, Regale geschweißt oder Ofenrohre installiert. Dahinter reihten sich nach und nach schweres Gerät: Schleifmaschinen und Lufthämmer, die aussehen wie Zeugen der Industriegeschichte. „Ich liebe diese tonnenschweren Ungetüme aus Gusseisen, ohne anfällige Technik, teilweise 70 Jahre alt und machen immer noch genau das, was sie sollen.“

Mit 26 gründet Schweikert den eigenen Betrieb und macht seitdem nur noch das, was er will: Messer, ohne Kompromisse.

Dabei spielt Präzision eine große Rolle, was der Besucher so gar nicht vermutet, wenn er die Schmiede betritt: spärliche Beleuchtung, überall hat sich der Hammerschlag als Eisenoxid abgesetzt, ein intensiver Geruch nach Asche und Metall. Doch dann fegt Schweikert, 44, erst einmal den Boden zwischen Esse und Amboss, weil da noch ein paar Splitter liegen, die beim Hacken des Anmachholzes angefallen sind. „Ich kann das unter meinen Sohlen nicht brauchen, bei der Arbeit brauche ich volle Konzentration.“

Das fängt schon bei dem Schmelzen des Stahls an, den Schweikert aus ganz unterschiedlichen Quellen bezieht. So kam er zu alten Eisenbahnschwellen, die er als Rohstofflager benutzt. Freunde kennen sein Faible und organisierten gerade noch rechtzeitig Mooreiche aus einem Abriss, der sich für die Griffschalen von Messern eignet. Frisches Holz wie Elsbeere oder Kirschbaum schlägt Schweikert am liebsten selber, im Winter bei abnehmendem Mond. „Dann ist wenig Saft im Stamm. Und das Holz reißt später nicht so leicht.“

Kunden aus aller Welt

Schweikert hat inzwischen Kunden aus aller Welt, die meisten sind Sammler. Sein Standardmesser ist ein sogenannter Jagdnicker, für den er inklusive Lederscheide einen Tag benötigt. Entsprechend liegen die Preise zwischen 300 und 350 Euro. Schmiedet er jedoch einen Verbundstahl, der aus 360 Lagen unterschiedlichen harten Materials besteht, braucht er alleine dafür einen Tag und bis das Messer komplett fertig ist, eine Woche. Trotzdem verdient er keine Reichtümer. „Aber ich mache, was mir Spaß macht.“ Schweikert experimentiert viel, beispielsweise auch mit Wootz, dem ursprünglichen Damaststahl, der auch ohne Verbund auf der Klinge die schönsten Maserungen und Muster hervorbringt. Das Material ist allerdings sehr heikel bei der Verarbeitung. Ein kleiner Fehler und die Klinge reißt.

Nach einem Tag in der Schmiede belohnt sich Schweikert mit einem Spaziergang über die Felder. Dann genießt er einen Sonnenuntergang. „Was ich hier vor der Haustüre kann, muss ich in der Welt nicht suchen.“

www.as-schmiede.de

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