Was Formel 1 und DTM nicht bieten können


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So ein bisschen Monte, danach hätte allen der Sinn gestanden im saarländischen St. Wendel an diesem ersten März-Wochenende. Dass aber Frau Holle gleich richtig Hausputz machte und den flockigen Inhalt ihrer Betten über die versammelte Schar der Fahrer und ihrer Bewunderer auskippen würde, das wäre nicht unbedingt nötig gewesen.

Doch, da die richtigen „Rallye-Freaks“ sich von den Launen der Mutter Natur nicht ins Bockshorn jagen lassen, standen am Rande der insgesamt 12 Wertungsprüfungen der Saarland-Pfalz-Rallye Tausende Unentwegte und genossen das Spektakel. Rund 80 Teams, eine erstklassige internationale Besetzung, bot sich den Besuchern sowie viele „fliegende Hasenkästen“ in den verschiedenen Divisionen von ADAC Rallye Masters, Deutscher Rallyemeisterschaft und dem gemeinsamen Nachwuchswettbewerb von Opel und dem ADAC, dem eigens geschaffenen ADAC Opel Rallye Cup.

Vor allen Dingen letzterer zeigte, wie wichtig eine Plattform für junge Leute im Motorsport und damit auch die nationale Deutsche Meisterschaft und deren Auftaktwettbewerb sind. Die besten Junioren aus Skandinavien und aus den baltischen Staaten messen sich dort auf höchstem Niveau mit hoffnungsvollen deutschen Nachwuchsfahrern um erste Meriten und darum, sich in die Blickfelder der anwesenden Team-Manager zu fahren. Wohin das einmal führen kann, zeigt sich am Beispiel Marijan Griebel. Der 28-Jährige aus dem rheinland-pfälzischen Hahnweiler, der in diesem Jahr wegen eines technischen Defektes an seinem Peugeot 208 T16 leider unverrichteter Dinge zuschauen musste, begann vor einigen Jahren ebenfalls als eines von vielen Talenten im ADAC Opel Rallye Cup in einem kleinen ADAM-Flitzer. Mittlerweile ist er Junioren-Europameister und fährt neben der DRM auch noch insgesamt sechs Läufe der Rallye-Europameisterschaft.

Auch in diesem Jahr trotzten die jungen Teams in ihren Opel ADAM Cup den widrigen Bedingungen äußerst erfolgreich. Nach einem spannenden Kampf setzten sich die beiden Esten Karl-Martin Volver/Marten Madissoo am Ende gegen das schwedische Duo Elias Lundberg/David Arhusiander durch, die nach den völlig verschneiten Freitagsprüfungen noch an der Spitze des eindrucksvollen Opel-Feldes gelegen hatten. Mit Rang drei feierten der Luxemburger Grégoire Munster und sein belgischer Copilot Johan Jalet ihren ersten Podestplatz im ADAC Opel Rallye Cup, dicht gefolgt von Marijans jüngerem Bruder Felix Griebel (Hahnweiler) und seinem Beifahrer Sascha Altekrüger, die sich bei ihrem Heimspiel als bestplatziertes deutsches Team feiern lassen durften.

Das Talent der hungrigen jungen Nachwuchs-Piloten aus Europas Norden offenbart sich vor allem an dem Umstand, dass der Este Volver als bestplatzierter Pilot eines zweiradgetriebenen Fahrzeugs inmitten der teilweise doppelt so starken Allrad-Boliden  den sensationellen vierten Rang in der Gesamtwertung der ADAC Saarland-Pfalz Rallye belegte. Gegen die voluminösen „Schlachtschiffe“ vom Schlage eines Mitsubishi Lancer Evo oder eines Subaru WRX Sti hatten die vielen kleinen Boliden in den unteren Divisionen vor allem auf dem zweimal zu bewältigenden KÜS-Stadtrundkurs einen Riesenvorteil. Auf dem sehr eng gestarteten Zick-Zack-Kurs mit vielen rechtwinkligen und 180-Grad-Passagen zeigten sie den Fans am Straßenrand wunderschöne Drifts und spektakuläre Wendemanöver mit der Handbremse.

Auch die überlegenen Gesamtsieger, die beiden Rumänen Simone Tempestini und Sergiu-Itu in ihrem DS3 R5 sind ein Beispiel für gezielte Nachwuchsförderung und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, in dieser ganz besonderen Art des Motorsports voranzukommen. Tempestini war im Jahr 2016 Sieger der JWRC, der Junioren World Rallye Championship und ist mittlerweile einer der schnellsten Piloten auf einem Rallye-Boliden nach dem anspruchsvollen R5-Reglement. Bereits ab der ersten Wertungsprüfung hatte Tempestini die Führung übernommen und gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab. „Für unser neues Team und meinen neuen Co-Piloten war es ein optimaler Test. Mir hat es hier sehr gefallen und ich komme gerne wieder“, erklärte er im Ziel.

Diese Nähe zu den Akteuren für bezahlbares Geld bieten
nun einmal
keine Formel 1 und keine DTM

In Zeiten, in denen die sogenannten großen Rennserien der Formel 1 oder der DTM mit schwindendem Interesse als Folge der sterilen „Boxenrennen“, die an den Computern der Ingenieure entschieden werden, zu kämpfen haben, wird auf der Rallyepiste offenbar noch das geboten, was die Fans sehen wollen und was sie auch lautstark honorieren: Ehrlicher Motorsport mit hoffnungsvollen jungen Nachwuchspiloten, die sich auch als Newcomer gegen widrigste äußere Bedingungen wie Eis und Schnee behaupten müssen. In diesem Umfeld hat gerade der KÜS-Stadtrundkurs mitten im Herzen einer solchen Veranstaltung einen besonderen Stellenwert. Nirgendwo ist der Kontakt zu den Fahrern und auch etlichen Fahrerinnen größer als an der Bordsteinkante oder im kleinen „Fahrerlager“ einer Seitenstraße.

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