The Pearlfishers: Mit Erfolg gegen den Strom


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David Scott macht so ziemlich alles, wovon Marketing-Experten im Musikgeschäft abraten. Denn oft genug lautet das funktionierende Erfolgsrezept: Einen Hit landen, schnellstmöglich eine Lang-CD folgen lassen, auf dass sich beides möglichst rasch in großer Stückzahl umsetze. Das erzeugt, logisch, ungeheuren Druck und zieht, auch logisch, schon mal Produkte von eher zweifelhafter Qualität nach sich. Der Rubel muss rollen. Erst recht in Zeiten, in denen der physische Tonträger mehr und mehr von Downloads abgelöst zu werden scheint. Dann gilt umso mehr, und das ist keine Kritik: Ein Zweck von CDs und Vinyl-Schallplatten ist es, sie zu verkaufen.

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Meister der Entschleunigung. Foto: David Scott

David Scott unternimmt nicht viel, um seine CDs zu promoten, ihren Verkauf zu forcieren. Der Mann hinter The Pearlfishers lässt sich von Werk zu Werk Zeit. Sieben Jahre lagen zwischen seiner jüngsten CD von 2014 („Open Up Your Colouring Book) und ihrem Vorgänger. Das in Hamburg ansässige deutsche Musiklabel Marina Records veröffentlicht die Werke, zwischen denen nicht nur viel Zeit liegt, sondern für die auch reichlich Zeit und Sorgfalt aufgewendet werden. Wie das funktioniert, liegt auf der Hand: Zwar lebt der Schotte von seiner Musik, aber anders – er unterrichtet Songwriting und Popular Music History an der University Of The West Of Scotland.

Die Musik von „The Pearlfishers“ wirkt wie ein entspannter Spaziergang durch die Geschichte von Rock, Pop und Folk. Nun muss, wer Musik beschreiben will, Vergleiche heranziehen. Scotts Songs werden oft verglichen, zum Beispiel mit den Beach Boys, Beatles und von Todd Runderen. Dazu passt, dass er selbst Paul McCartney zu seinen Vorbildern zählt. Das alles erinnert an eine Zeit, da noch nicht so vieles schnell-schnell gehen musste. Da hieß es schon mal: Warten auf eine neue Langspielplatte, die bis zum Veröffentlichungstermin der Geheimhaltung unterlag. Allenfalls eine Vorab-Single gab es, keine Videoclips, keine „Appetizer“ im Internet. Unter den jüngeren Künstlern übrigens denkt man, wenn’s auch da ein Vergleich sein soll, an Jack Johnson. Und wie die Vorgänger, ist auch „Open Up Your Colouring Book“ gleichsam ein Plädoyer für die Entschleunigung. Die Arrangements der Pop-Perlen dürfen gerne mal etwas üppiger ausfallen, und man darf sich die Perlenfischer und den Mann dahinter ruhig als Romantiker mit dem dafür nötigen Mut vorstellen. Man würde ihm den ganz großen Durchbruch doch wünschen. Aber vermutlich wäre es David Scott, der seine Nische und seinen Rhythmus (nicht nur musikalisch) gefunden hat, eher unrecht. Weil er in der Nische, die er für sich gefunden hat, nur die Musik macht, die ihm selbst gefällt. Dass das funktionieren kann, ist eine schöne Erfahrung. Auch für die Hörer.

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The Pearlfishers: Open Up Your Colouring Book (Marina Records)

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