Dr. med. Yael Adler informiert


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Die Angst vor krank machenden Keimen verschont bisweilen noch nicht mal Mediziner. So zu sehen in der »Praxis mit Meerblick«, in loser Folge ausgestrahlt im Ersten. Vor lauter Schrubben, Desinfizieren und Wischen verliert der Allgemeinarzt Richard Freese zwar nicht den Blick für die Patienten, aber den auf seine eigene Lebensqualität. Eine fiktive Figur, sicher, aber wohl auch keine jenseits aller Wirklichkeit.

Wer viel unterwegs ist, riskiert auch seine Gesundheit. Ausdrücklich zitiert Dr. med. Yael Adler einen Bekannten mit einer ausgesprochenen Aversion gegen Hotelzimmer. Ein Beispiel aus der Realität, nicht aus einem Film. 

Dr. Adler, Hautärztin mit eigener Praxis in Berlin, hat schon mit ihrem Erstling »Haut nah« bewiesen, wie man seriös, anschaulich und mit (bisweilen krachendem) Humor über Medizin schreiben kann. Gerade dieser Humor, ihre Freude am Wortspiel und die Zuhilfenahme von Illustrationen (kongenial mit von der Partie: Katja Spitzer) unterscheiden ihre Bücher von denen anderer Autoren – obwohl es inzwischen viele Mediziner gibt, die sich auf schriftliche Patienteninformation ohne hinderliche Fachsprache verstehen. Man wünscht der Filmfigur Freese einen Besuch bei der realen Kollegin Adler – und die gründliche Lektüre ihrer Bücher. 

Fakt ist: Wir sind umgeben von zahlreichen potentiellen Krankheitserregern. Die können uns unschöne, auch delikate Infektionen bescheren und sind besonders da vertreten, wo wir besonders viel mit anderen Menschen zu tun haben – das Schwimmbad sei als Klassiker beispielhaft genannt.

Fakt ist aber auch: Manches, was sich an Mikroben in unserer Umwelt tummelt, richtet keinen Schaden an. Oder nur dann, wenn die Abwehr schwächelt, was wiederum etliche Gründe haben kann. Ein Beispiel: Schuppen gehören zum Haarwachstum dazu. Ob sie sich dann zum rieselnden Ärgernis (und damit zur Peinlichkeit) entwickeln, hängt von vielen Faktoren ab. 

Als Rezensent empfiehlt sich der sparsame Umgang mit Superlativen. Vieles spricht dafür, dass aber dieser angebracht ist: Nie zuvor hat ein Facharzt derart locker über Fälle aus seinem Fachgebiet geschrieben –und dann noch so, dass die Ernsthaftigkeit der Themen nie aus dem Blick gerät. 

Denn: Manches, was uns so ereilt, ist harmlos – eine Verfärbung am Fingernagel, ein Fleck oder Knoten auf der Haut, eine Schwitzattacke auch jenseits hochsommerlicher Temperaturen. Manchmal spiegelt der Körper einfach unsere stressigen Momente. Vieles kann aber auch der Vorbote zu einer ernsten Krankheit sein. Oder unnötig kompliziert, wenn der spät erfolgende Arztbesuch eine intensive Behandlung nötig macht und bei rechtzeitigem Handeln eine einfache Therapie genügt hätte. Auffallend ist, wie häufig Yael Adler über den Tellerrand ihres Fachgebietes blickt, ohne deswegen umstrittene Verfahren zu propagieren.

Nicht zuletzt ist Yael Adlers Buch, ausdrücklich wie auch zwischen den Zeilen, ein Plädoyer für die sprechende Medizin, in dem Fall besonders für den sprechenden Patienten: Verhuschtes Schweigen schadet nur unnötig und ist zudem unbegründet. Denn der Doc (die Ärztin) haben ihrerseits Schweigepflicht. Gerade unter dem Aspekt ist »Darüber spricht man nicht« – wie schon der Erstling »Haut nah« ein Mutmacher im besten Sinne.

Dr. med. Yael Adler
Haut nah
Darüber spricht man nicht
(beide: Droemer Verlag; je 16,99 Euro).

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