Die Autobau-Erlebniswelt in Romanshorn


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Der Bodensee war schon im Mittelalter ein bedeutender Handelsplatz, da Deutschland, Schweiz und Österreich als direkte Anrainer für rege Geschäfte sorgten. Dabei spielte (und spielt auch heute noch) die Fährverbindung von Friedrichshafen ins thurgauische Romanshorn eine wesentliche Rolle. Die Eidgenössische Zollverwaltung hatte dort im Hafen eine 1880 in Backstein erbaute Halle mit abschließendem zwölfeckigem Polygon errichtet. Darin wurde ein freistehender Stahlzylinder mit 20 Metern Durchmesser, 12 Metern Höhe und 110 Tonnen Gewicht eingearbeitet, um Industriealkohol zu bunkern: Bis zu 11.843.525 Liter fasste das stählerne Ungetüm. 1996 dann fiel das Schweizerische Monopol für Alkohol, das Terrain wurde an die Stadt Romanshorn zurückgegeben. Als der Industrielle und vielseitige Konstrukteur Fredy Lienhard, auch als Rennfahrer weltweit bekannt, einen Ort für seine Renn- und Sportwagenkollektion suchte, kaufte er den ganzen Komplex im Zollhafen, nahm anschließend zahlreiche innere Umbauten vor, denn das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Seit 2009 ist darin in mehreren Etagen der Halle die wohl schönste und kompletteste Sammlung von Serien- Sport-, Formel- und Rennsportwagen Mitteleuropas zu sehen. Daneben wurde noch die neue »Factory« errichtet, in der Kunden-Sportfahrzeuge nach modernsten Methoden repariert und restauriert werden. Die ehemalige Zollhalle beherbergt das Gros der etwa 100 automobilen Pretiosen, überwiegend von Ferrari und Porsche. Aber auch andere Sportmarken sind zu bewundern: Von Alfa Romeo über Aston Martin bis hin zu den Einzelexemplaren »Saleen S7« und »Vector W8«. Die ganze Ausstellung, auch von Themen im rotierenden Prinzip ergänzt, ist ein beachtliches Stück motorsportlicher Geschichte, die von Kraft und Eleganz, von Geschwindigkeit und Sound geschrieben wurde. Gemeinsam mit Sohn Fredy Alexander gewann Fredy senior 2002 ein 6-Stunden-Rennen in den USA. Jung-Fredy bestritt weitere Rennen in diversen Disziplinen, studierte in Amerika Business Management und übernahm dann 2016 die kostbare Sammlung. Er brachte alles auf den technischen und optischen Stand der Zeit und hauchte dem Ganzen eine neue Philosophie ein. Genau in der Mitte der Gesamtanlage ist ein attraktiver Raum für Seminare, Präsentationen und Events mit Catering eingerichtet. Umfangreiche Literatur, Prospekte, Bücher, Kataloge und Videos laden zum kurzweiligen Ausruhen ein. Fredy junior hat sich einen kompetenten Stab an freien Mitarbeitern zugelegt, die bei Führungen alles Wissenswerte (und noch mehr!) vermitteln. So auch ein besonderes Kuriosum: Fredy Lienhard senior hatte auch, neben Kühlschränken und Büromöbeln, einmal ein LISTA-Rex-Mofa gebaut mit 1,5 PS, das ebenso ausgestellt ist wie der Donnerbolzen von einem »Top-Fueller-Dragster« mit 11.000 PS aus einem Achtzylinder-Triebwerk. Der Teamname LISTA (Racing) setzt sich im Übrigen zusammen aus LI(enhard) und STA(hlbau). Empfangen wurden wir allerdings ohne Rennsound: ein ganz seltener Technologieträger der Kollektion, ein 887 PS starker Porsche 918 Spider Hybrid rollte geräuschlos, nur im Elektromodus, aus der großen Halle. Fredy Junior, Geschäftsführer und Kurator des Unternehmens, schlägt auch schon die Brücken in die Zukunft. Zwei TESLA fahren im Dienstauftrag und eine Wasserstofftankstelle ist ebenfalls bereits vorhanden.
Einen ganzen Tag, wenn nicht sogar mehr, sollte man sich für den Besuch von »Autobau« und »Factory« mindestens gönnen.


Fotos Frank Nüssel

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