Der Trabant als Kulturgut


Er rennt und rennt

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Er war Postler Stankoweit in „Salto postale“, Kommissar Stubbe in „Von Fall zu Fall“ und hat 2022 „Die Kanzlei“ aufgesucht, um in einer prekären Männersache anwaltliche Hilfe zu bekommen. Drei von fast unzähligen Rollen des Wolfgang Stumph. Unbedingt in diese Beispielliste gehört freilich Schorsch. So hieß der Trabant, mit dem er sich als Deutschlehrer Udo Struutz samt Gattin Rita und Tochter Jacqueline in „Go Trabi Go“ von Bitterfeld nach Neapel begab. Am Ende des Films war Schorsch unfreiwillig ein Cabrio und Wolfgang Stumph – schon in der DDR ein ganz Großer – der gesamtdeutsche Durchbruch sicher.

Dresden/Sachsen/Archivfoto: Die Hauptdarsteller des Filmes “Das war der wilde Osten”, Marie Gruber (hinten r.), Wolfgang Stumph (r.) und Claudia Schmutzler (hinten l.) bahnen sich mit dem motorisierten Filmhelden am 19.08.1992 den Weg durchs Premierenpublikum. (Dre05-190892)

Schorsch war so blau wie der Himmel über ihm auf der Reise nach Neapel. Farblich, versteht sich. Wie populär diese Lackierung der „Rennpappe“ war, bewies Sonja Schmidt. Ihr Schlager „Ein himmelblauer Trabant“ wurde nach seinem Erscheinen 1971 zu einem der größten DDR-Hits. Auf Vinyl und CD heute meist nur noch gebraucht zu haben, erfreut er sich auf YouTube einer immer noch großen Fangemeinde.
Dabei hatte Schmidt, damals Mitte 20, das Lied erst nicht singen wollen, wie sie Jahrzehnte später verriet. Die Lieferzeiten für den Volks-Wagen des Arbeiter- und Bauernstaats betrugen damals schon mehr als zehn Jahre. Als Privilegierte würde sie so lange nicht warten müssen, wusste die Sängerin und wollte genau das nicht auch noch musikalisch zur Schau stellen. Am Ende habe sie die flotte Melodie doch überzeugt. Übel genommen haben ihr die Fans die Entscheidung nicht, wie das Echo auf „Ein himmelblauer Trabant“ bewies.
Eine strapaziöse Reise hat er im Film überstanden und die Skepsis einer jungen Sängerin bezwungen. Gegen die nicht vorhandenen Fahrkünste des Rentners Florian Timm war der Trabi allerdings machtlos. Der kam durch ein Preisausschreiben noch im fortgeschrittenen Alter an ein Exemplar. Mit Fahrerlaubnis, aber ohne Fahrpraxis, ließ er fortan keine Gelegenheit aus, der Verkehrsüberwachung aufzufallen und das Auto schließlich für immer stehen. So geschehen in den Achtzigern in einer Episode von „Geschichten übern Gartenzaun“. Die Serie wird heute noch regelmäßig im TV wiederholt, ist auf DVD zu haben und per Streaming.
Drei Beispiele aus 20 Jahren für die Karriere des Trabant in den Medien. Dort ist er bis heute vertreten, beliebt auch bei der jungen Generation. Die nutzt – natürlich – überwiegend das Internet aus, wo sie ihrem Lieblingsauto zahlreiche Seiten widmet. Ein Klick genügt. So hat der oft belächelte oder offen verspottete Kleinwagen auch bei Erreichen des Pensionsalters noch seine Fans. Was heißt „Pensionsalter“! Er rennt und rennt …

Fotos picture alliance: dpa/Matthias Hieke ZB/Thomas Lehmann

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