Der letzte BMW 502 V8 in originaler Polizeiausführung steht keineswegs in der bayerischen Landeshauptstadt. Sondern – in Pleystein. Hier, in der Oberpfalz, restaurierte Harald Schmid den Oldtimer und gab ihm so ein zweites Leben. Die Geschichte dahinter ist aber noch viel ungewöhnlicher als die vieler sonstiger Scheunenfunde.
Rückblick: Als Harald Schmid 1996 diesen klassischen Scheunenfund barg, gab er ihm die Zustandsnote 5. Als erstes wurden der Motor, das Getriebe und die Anbauteile überholt. Die Erneuerung des gesamten Fahrzeugbodens, der Querrohre und der Kofferraumwanne sowie das Schleifen und Spachteln der Blechhaut erforderten mehr als 1.000 Stunden Arbeitszeit. Allein die Türen wurden etwa vierzig Mal ein- und wieder ausgebaut, um die exakten Spaltmaße zu erreichen. Harald Schmid ist im Hauptberuf Leiter der Zentralwerkstatt der Bayerischen Bereitschaftspolizei.
Als Sachverständiger der Polizei nutzt er, wie seine Kollegen, für die Fahrzeugprüfungen die KÜS-Software KE.
Vom BMW 501/502 als erstem Personenwagen der weiß-blauen Marke aus München – alle vorherigen kamen aus Eisenach – wurden zwischen 1952 und 1963 nur wenig mehr als 23.000 Stück hergestellt. Als repräsentative viertürige Limousinen wurden sie auch als Streifenwagen bei der Polizei gefahren. Von 1960 bis 1963 sogar in der TV-Serie »Funkstreife Isar 12« – in dem damals noch jungen Medium Fernsehen war die im ARD-Vorabendprogramm in drei Staffeln zu 35 Folgen überaus erfolgreich. »Monaco Franze« Helmut Fischer und Else Kling aus der »Lindenstraße« (Annemarie Wendl) waren mit dabei.
Obwohl das BMW-Modell 502 V8 (im Volksmund wegen der gerundeten Karosserie Barockengel genannt) offiziell schon nicht mehr produziert wurde, bestellte das Polizeipräsidium Regensburg Ende 1964 noch zwei dieser Fahrzeuge, um sie ab 1. April 1965 beim neu aufgestellten Verkehrszug der Bayerischen Landpolizei in Amberg mit den amtlichen Kennzeichen R-3044 und R-3064 einzusetzen.
Von den TV-Stars auf vier Rädern unterschieden sich die letzten BMW 502 V8 im realen Leben allerdings deutlich: Für die Landpolizei erhielten sie weiße Kotflügel. Und weil BMW vermutlich noch vorhandene Karosserien mit Dachöffnung für ein großes Faltschiebedach verwendete, gab es nicht das mittig montierte Blaulicht, sondern links über dem Fahrersitz eine aufgesteckte Rundum-Kennleuchte.
Statt dem 2,1-Liter-Sechszylinder-Reihenmotor mit 53 kW/72 PS wurde der 2,6-Liter-Achtzylinder-V-Motor mit 81 kW/
110 PS eingebaut, der in Kombination mit dem handgeschalteten Vierganggetriebe 160 km/h Höchstgeschwindigkeit ermöglichte. Das drehstabgefederte Fahrwerk bekam vorn zu den Scheibenbremsen einen Stabilisator und hinten wurde eine Antriebsachse mit Panhard-Stab verwendet. Dadurch verbesserten sich die Fahreigenschaften der 1,5 Tonnen schweren Limousine deutlich in sportlicher Richtung.
Die wahrscheinlich aus Haldenfahrzeugen und Ersatzteil-Restbeständen gebauten Fahrzeuge waren so lieblos zusammengeschustert, dass sie nur sechs Jahre im Dienst blieben und schon 1971 wegen gravierender Rostschäden ausgesondert wurden. Den R-3044 ersteigerte ein Amberger BMW-Fan, ließ ihn blau lackieren und war dann bei den anstehenden Instandsetzungsarbeiten überfordert. So landeten die Karosserie und der ebenfalls zerlegte Motor für 25 Jahre in einer Scheune.
Bei der Wiederherstellung der Innenausstattung wurden die Sitzbezüge aus echtem Leder in der Originalfarbe gefertigt – bei Behördenfahrzeugen wurde nur Kunstleder verwendet. Statt der hoffnungslos zerstörten Gummimatte erhielt der Fußraum einen durchgehenden Teppichboden und das schwarze Golde-Faltdach besteht jetzt aus echtem Sonnenland-Stoff statt dem ursprünglichen PVC-Bezug.
So ganz außer Dienst ist der Polizei-Oldie übrigens nicht: Zwar ist das analoge Telefunken-Funkgerät nur noch eine Attrappe, der Außenlautsprecher auf dem linken Vorderkotflügel jedoch weiterhin über den charakteristischen Funkgerät-Hörer in der Mitte des Armaturenbretts nutzbar. Die restliche Polizeiausstattung einschließlich statischer Dreipunktgurte vorn sowie Werkzeug und Verbandkasten im Kofferraum ist ebenfalls original.
Fast 3.000 Stunden Arbeitszeit, Ersatzteile für 18.000 Euro und 5.000 Euro für Fremdarbeiten wie Chrom oder Sitzbezüge haben den letzten BMW 502 V8 in Polizei-Ausführung so auferstehen lassen, wie er sich jetzt präsentiert. Eine besonders beeindruckende Zahl zum Schluss: Der Wiederaufbauwert liegt bei rund 120.000 Euro.
Fotos Karl Seiler