Microlino und Evetta


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Vor mehr als 70 Jahren baute Iso Rivolta in Bresso bei Mailand die ersten Isetta-Modelle. Von 1954 bis 1962 fertigte dann BMW die Isetta als »Motocoupé« überwiegend in München. Jetzt, knapp 70 Jahre nach dem Start des Zweisitzers mit Fronttür, wurde das außergewöhnliche Rezept gleich zweimal wiederbelebt: Der Microlino der gleichnamigen AG wird bereits bei Cecomp in Turin gefertigt, und für die ElectricBrands AG startet die Produktion der Evetta jetzt bei VDL Nedcar in Born/Niederlande. Was können die Neuen? Sind sie wirklich neu oder »nur« als bewährtes Rezept quasi aufgewärmt und fürs Zeitalter der alternativen Antriebe entsprechend motorisiert?

 

Der Microlino

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Während in der »Knutschkugel« Isetta neben zwei Erwachsenen auch noch ein Kind geduldet und das von BMW sogar auf einem offiziellen Pressefoto gezeigt wurde, sind jetzt in Microlino und Evetta nur noch zwei Personen erlaubt. Dafür gibt es vier Räder statt drei und rund 250 Liter Gepäckraumvolumen. Eine Anhängerkupplung, die bei der Original-Isetta seinerzeit per Einzelabnahme möglich war, ist heute nicht mehr verfügbar. Von der Evetta sind, mit Spurverbreiterungen an der Hinterachse und auf zwei Meter verlängertem Radstand, auch Cargo-Varianten möglich. Eine offene Variante erwies sich ebenfalls als realisierbar, mit Überrollbügeln und seitlichen Tür-Ausschnitten statt der fixierten Fronttür mit verkürzter Frontscheibe.
Der Microlino hat nun eine fest montierte Lenksäule (wie einst der nicht minder legendäre Kabinenroller von Heinkel), was aber den Ein- und Ausstieg trotz des elektrischen Türschlosses deutlich schwieriger macht als bei der Isetta. Komfortabler ist das Lenkrad bei der Evetta – wie einst beim Viersitzer BMW 600 an der per Drehgriff zu öffnenden Tür befestigt und mit längs verschiebbarer Lenksäule. Der Lenkradkranz ist gepolstert und die Innenseite der Fronttür verkleidet. Zu den Dreipunkt-Sicherheitsgurten gehören Kopfstützen, die beim Bremsen auch ein Vorrutschen von Ladung verhindern. Das leicht aufklappbare Faltdach dient weiterhin als Notausstieg. Die vorgeblich durch mehr Spurbreite hin erhöhte Kippsicherheit war aber auch bei der Isetta kein Problem.
Als Leichtfahrzeuge der Klasse Le7 zugelassen, brauchen Evetta und Microlino weder ABS noch ESP – und bieten sie (vorerst) auch nicht an. Gleiches gilt für Airbags. Bei den Fahrleistungen sind die Fortschritte überschaubar: die 12,5 kW/17 PS Leistung des Elektromotors übertreffen die 8,8 kW/12 PS der Isetta und die ständig voll verfügbaren 89 kW Drehmoment erlauben den Spurt aus dem Stand auf 50 km/h in fünf Sekunden. 90 km/h Höchstgeschwindigkeit sind aber auch nur 10 km/h mehr als bei der Isetta.
Im Fahrbetrieb macht sich die von 10 auf 13 Zoll gesteigerte Reifengröße positiv bemerkbar. Die (elektrische) Reichweite von 90 bis 230 Kilometer liegt unter den 250 Kilometern, die die Isetta am Stück schaffte und die Ladezeit beträgt ein Mehrfaches der Zeit, die ein Tankvorgang braucht. Last but not least: Das Querparken war schon zu Isetta-Zeiten umstritten – mit der um 25 Zentimeter auf 2,52 Meter gesteigerten Gesamtlänge verbietet es sich aber heute noch öfter. Rechtlich ist das übrigens nicht eindeutig geregelt, sondern eine Einzelfallentscheidung.

Die verschiedenen Modelle der Evetta

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