Die Wiege vieler extravaganter Automobile aus vielen Jahrzehnten mit den vier Ringen ist das Audi-Konzept-Design-Studio in München. Der unscheinbare graue Gebäudekomplex in einem Hinterhof des Münchener Nordens erinnert eher an eine vergessene Lagerhalle als an eine Denkfabrik aus dem Bereich des Automobils. Doch das Audi-Konzept-Design-Studio in Schwabing beinhaltet nicht nur helle Köpfe, die vom glitzernden Messe-Show-car mit zwölf Zylindern bis hin zum Tischticker oder zur Vollkornnudel im Vier-Ringe-Design nur so sprühen. Es legt mit den dort ausgestellten Exponaten auch ein beredtes Zeugnis davon ab, dass technischer Erfindergeist und gestalterische Visionen bei Audi über Jahrzehnte hinweg Hand in Hand gegangen sind. Einprägsames Design, eine unverwechselbare Marken-Identität und innovative Technik sollen die Ingolstädter auf dem eingeschlagenen Weg weiter voranbringen. Denn Audi will der deutschen Erstliga-Konkurrenz aus München und Stuttgart die aktuellen Wachstumsmärkte nicht kampflos überlassen.
Vor allem bei der Gestaltung der neuen Modellreihen hat sich die Wolfsburger Konzern-Tochter sehr viel vorgenommen.
Bis zum Jahr 2015 planen die Ingolstädter weltweit 1,5 Millionen Fahrzeug-Einheiten zu verkaufen.
Neue Designelemente, sagt Garry Telaak, (verantwortlich für das Exterieur-Design) habe man bei Audi schon immer an Innovationen geknüpft. Ein Fahrzeug, das diese
These nachdrücklich unterstreicht, ist das Auto mit dem Prinzip der rotierenden Kolben, das unverwechselbare Unikat Felix Wankels: «Die eigenständige Erscheinung des NSU Ro 80 mit der extrem flachen Front und dem daraus resultierenden ganz besonderen Charme ist erst durch den Wankelmotor ermöglicht worden.»
Ein weiteres Fahrzeug aus dem Hause Audi, das die Einheit von Optik und Technik widerspiegelt ist der A2. «Ein Auto, das seiner Zeit eigentlich um mindestens zehn Jahre voraus war und heute als Neuling auf dem Markt mit Sicherheit eine sehr viel bessere Ausgangsposition hätte», glaubt Wolfgang Egger vom Audi Advanced Center. Das Leichtbaukonzept des A2 mit der futuristischen Abrisskante am Ende des Dachs steht ganz explizit für die Verbindung von innovativer Formgebung und fortschrittlicher Technik.
Der putzige A2 steht in der Münchener «Audi-Ruhmeshalle» als «Liliput» neben einer Reihe ganz besonderer Ahnen. Er ist zwar etwas weniger spektakulär als manche sportliche «Rakete», aber er verdeutlicht die dort praktizierte Maxime: «Optik allein ist nicht alles. Form und Funktion müssen sich ergänzen, um auch funktionieren zu können.» Für diese Aussage stehen auch Fahrzeuge aus dem Hause Audi, die Automobil-Geschichte geschrieben haben. So wie etwa der Ur-Quattro aus dem Jahre 1980, der ein völlig neues Zeitalter im Rallyesport einläutete und unter «Artisten» wie Walter Röhrl oder Hanno Mikkula zur Höchstform auflief.
Hinzu kommen zwei Studien, die eigentlich nur den Insidern bekannt sind, die aber aufgrund ihrer exorbitanten Schönheit einen wahren Ausnahme-Charakter besitzen: Der Quattro Spider und der markante Avus Quattro aus dem Jahr 1991. Das atemberaubende Showcar zeigte Audi damals auf der «Tokyo Motor Show» als Studie eines Hochleistungssportwagens mit zwölf Zylindern und 509 PS unter der verführerisch silbern glitzernden Haube.
«Man muss die Marke eines Autos schon aus 200 Metern Entfernung erkennen können, wenn man in den Rückspiegel blickt»,
erlaubt Wolfgang Egger einen Blick in den internen Anforderungskatalog der Audi-Designer. Um gleich hinzuzufügen: «Und zwar ohne das Markenlogo.» In der jüngsten Vergangenheit arbeiteten die gestalterischen Köpfe aus Ingolstadt daran, den häufig geäußerten Vorwurf zu widerlegen, dass die verschiedenen Audi-Modellreihen sich im Laufe ihres Modellreihen-Lebens zu ähnlich geworden seien. Die Fahrzeuge aus allen Modell-Familien A (A1 bis A8), Q (Q3 bis Q7) und R (R8 und TT) sollen neue Konturschärfe und Eigenständigkeit erhalten. Egger bringt es auf eine einfache und griffige Formel: «Wir müssen einfach neue Ikonen erschaffen». Die sportive R-Linie etwa werde sich über einen regelrechten Adlerblick und durch Ringe in der Motorhaube von den «zivileren» Reihen optisch abheben. Die Versionen vom neuen A1 bis hin zum Oberklassen-Modell A8 erhalten eine Charakteristik mit deutlich mehr Aussagekraft in den Konturen. Der Audi-typische Singleframe-Kühlergrill mit integrierten Ringen ist jedoch höher und nicht so straff wie bei «R» und «TT».
Was den Ingolstädtern zu den Zeiten eines «Avus Quattro» vor fast 20 Jahren fehlte, um ein solches Fahrzeug auch zu verifizieren, das haben sie sich heute – mit einem R8 als Aushängeschild – erarbeitet.
Eine der Voraussetzungen dafür war auch, dass man den Mut hatte, ein Fahrzeug wie den als Studie präsentierten TT wirklich zu bauen. Obwohl die wenigsten Auto-Liebhaber wirklich an dessen veritable «Geburt» glaubten! Aber was
wäre die Geschichte des Automobilbaus ohne Überraschungen? Die
letzten ihrer Art haben wir noch lange nicht erlebt. Und das ist gut so. Und die besonderen werden dann als Zeitzeugen für die Nachwelt erhalten bleiben. So wie in Audis Ideenfabrik in München.