Autofahren in China: Rasend schnelle Entwicklung


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Die einst bekannteste Radfahrernation der Welt entwickelt sich zu einem Volk der Autofahrer. Rasend schnell. Wer nicht aufpasst, kommt unter die Räder.

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Auto fahren in China ist ein Abenteuer ganz besonderer Güte. Abseits der schnurgeraden, meist leeren Autobahnen macht jeder, was er für richtig hält: Bei Rot über Kreuzungen fahren, Wasserbüffel über Schnellstraßen treiben. In stockdunkler Nacht wenden Busse auf vierspurigen Straßen.

Geht alles, weil es eben geht und die Polizei sich nicht schert. 120 Hühner in Körben auf einem Moped stapeln? Normal. Ausfahrt verpasst auf einer der neuen Vorzeige-Schnellstraßen? Macht nichts, zurücksetzen. Falsch abgebogen? Nicht schlimm, die anderen weichen doch aus, wenn man hupend rückwärts fährt.

Freie Fahrt für alle 1,34 Milliarden Chinesen scheint die Parole zu lauten. 10-, 12- und sogar 14-spurige Straßen teilen die großen Städte. Wie viele Fahrspuren es auch sein mögen, der Chinese verdoppelt sie. Jede freie Lücke wird genutzt. Von Autos, Bussen, Lkw, Traktoren, Dreirädern, Krädern, Ochsenkarren, Lastenträgern. Aberwitzig – aber herrlich chaotisch, solange es gutgeht. Und das geht es nur, wenn man sich auf die Verkehrsanarchie einlässt. Andernfalls verzweifelt man als Autofahrer im Reich der Mitte.

Mehr als 200 Millionen Fahrzeuge kurven mittlerweise durch das viertgrößte Land der Erde, 18,5 Millionen kamen 2011 neu hinzu. Allein in Peking mit seinen 17,5 Millionen Einwohnern sind mehr als fünf Millionen Pkw registriert.

In sehr vielen Autos sitzen zu (bescheidenem) Wohlstand gekommene Fahranfänger am Steuer. Damit die nicht ihr Gesicht verlieren, erzählen Autoverkäufer gern, es wäre völlig normal, wenn Neuwagen anfangs etwas hüpfen – das sei dem Einfahren geschuldet.

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Autos sind Statussymbole, unangefochten. Je länger und teurer, desto besser. Ein Auto zu besitzen, erst recht ein deutsches Fabrikat wie Audi oder VW, die seit Ewigkeiten in China produzieren, das bedeutet Wohlstand, Freiheit und Individualität. Geradezu revolutionäre Werte in einem kommunistischen Land.

Fahren lernen Chinesen meist auf abgesperrten Flächen außerhalb der eigentlichen Städte. City-Fahrstunden nach europäischem Vorbild machen kaum Sinn – zu viel Stau. Werden die Novizen dann mit staatlicher Erlaubnis (sei sie redlich erworben oder mit Schmiergeld erkauft) das erste Mal auf den öffentlichen Verkehr losgelassen, scheint Interpretation das Maß aller Dinge zu sein.

Statt zu blinken, wird mit einem leichten Schlenker angedeutet, wo es hingehen soll. Hupt dann keiner, biegt man ab. Überholt wird grundsätzlich, wo Platz ist. Links oder rechts, das ist in China qua Verkehrsordnung tatsächlich egal. Und sorgt für eine gewisse Dynamik, immerhin.

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