50 Jahre Jetronic


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Die Senkung des Kraftstoffverbrauchs von Motoren mit hoher Literleistung ist ein Entwicklungsansatz, den Ingenieure und Motorenentwickler schon seit vielen Jahren verfolgen. Bereits 1884 entsteht, unter der Ägide von Johannes Spiel bei der Halleschen Maschinenfabrik, ein erster Stationärmotor mit mechanischer Einspritzpumpe. Bis zur Serienfertigung mechanischer Einspritzanlagen vergehen jedoch noch viele Jahrzehnte.

Ingenieure von Bosch erproben 1912 einen Motor mit einer umfunktionierten Schmierölpumpe als Benzineinspritzung. Was folgt ist Ernüchterung aufgrund der nicht wirtschaftlichen Umsetzung dieser Entwicklung. Fast vergessen schläft diese Entwicklung in den Schubladen bis zu ihrer Wiederentdeckung.

In den 1930er Jahren experimentieren Motorenentwickler und -ingenieure, zeitgleich bei unterschiedlichen Firmen, an mechanischen Benzineinspritzungen nach dem System der Benzindirekteinspritzung. Zu diesem Zeitpunkt unterscheiden die Ingenieure zwei Systeme: erstens das der Direkteinspritzung, zweitens Vorkammer- bzw. Saugrohreinspritzung. Ihre Versuche vollziehen sie an Flugzeugmotoren. Insbesondere die Junkers Flugzeugwerke und Daimler-Benz. Beim Letzteren ist hier besonders Hans Scherenberg zu nennen. Er wechselt später zu Gutbrod. Bei Gutbrod entsteht, dank Scherenberg, ein erstes Serien-Automobil mit mechanischer Benzin-Direkteinspritzung, jedoch in Verbindung mit einem Zweitakt-Ottomotor. Nur einen Monat später präsentiert Goliath den GP 700 E, ebenfalls ein Zweitakter mit Einspritzung. Insbesondere bei einem Zweitakt-Ottomotor kommen die Ingenieure zu der Erkenntnis, dass Kraftstoffeinsparungen von 15 bis 25 Prozent mit einer Benzineinspritzung möglich sind.

1963 fordert eines der ersten weltweiten Umweltschutzgesetze den US-Amerikanischen Clean Air Act. Aufgrund dieser Vorgaben war das Ende des Vergasers vorgegeben. Bauart-, konstruktionsbedingt und durch seine Arbeitsweise erweist sich der Vergaser diesen verschärften Umweltbestimmungen als nicht mehr zeitgemäß. Obwohl sich das Ende von Motoren mit Vergaserbestückung in Deutschland bis in die späten 1990er Jahre hinauszögert, muss die Industrie viel früher reagieren und agieren. Das bereits bestehende kalifornische Luftreinhaltungsgesetz von 1963 wird nochmals verschärft. Automobile des Modelljahrgangs 1968, d. h. bereits ab Spätjahr 1967, müssen den restriktiven Vorgaben des Air Quality Act entsprechen. In dieser Zeit erinnert man sich, insbesondere bei dem Zulieferer BOSCH, wieder an die Entwicklung von Benzineinspritzungen.

„D-Jetronic“ nennt BOSCH die erstmals am 14. September 1967, auf der 43. Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt am Main, präsentierte elektronische Benzineinspritzung.

Diese Neuerung ist serienmäßig erst einmal nur für die US-amerikanischen Modelle vorbehalten. Selbst die deutschen Automobilhersteller sind gezwungen, für diesen besonderen Markt, ihren Fahrzeugen eine solch kostspielige elektronische Einspritzung in Serie einzubauen. Ein Beispiel für die hohen Kosten ist der Volkswagen 1600 (Typ 3). Zehn Prozent des Fahrzeugpreises (Grundpreis: 6.000 DM) werden in der deutschen Preisliste, somit 600 DM, für die optional zu ordernde Einspritzung gefordert. Da ist es natürlich nicht verwunderlich, dass viele deutsche Käufer sich gegen eine solche Option entscheiden.

Ein weiterer Grund für die vom Endverbraucher noch nicht in großer Stückzahl georderte Benzineinspritzung ist die zu diesem Zeitpunkt recht anfällige und mit dem Gaspedal schwer zu dosierende Jetronic. Denn bei Vergasermodellen ist die Gasannahme direkter und sanfter. Insbesondere abrupte Gaswegnahme führt bei Fahrzeugen mit einer Benzineinspritzung in dieser Zeit zu extremen Lastwechselreaktionen des Fahrzeugs. Für die nicht motorsportlich erfahrenen Fahrer entstehen immer wieder extreme Fahrsituationen.

 Aufgrund der hohen Gestehungskosten und einer damit einhergehenden Unwirtschaftlichkeit ist eine serienmäßige Benzineinspritzung seitens der Automobilhersteller erst einmal den hubraum- und leistungsstarken Fahrzeugmotoren vorbehalten. Hierbei haben alle Hersteller von Modellen der Luxus- und Sportwagenklasse einen wichtigen Vorteil erkannt: Die Senkung des Kraftstoffbedarfs bei gleichzeitiger Leistungssteigerung. Obwohl alle beteiligten Hersteller elektronischen Bauteilen gegenüber eine gewisse Skepsis an den Tag legen.

Anfang der 1970er Jahre entsteht eine Gemengesituation zwischen mechanisch und elektronisch gesteuerter Benzineinspritzung am Markt. Parallel zur L-Jetronic entsteht die kontinuierlich mechanisch arbeitende K-Jetronic (K = kontinuierlich). Um die geforderten Emissionswerte zu erreichen, wird neben der Katalysatortechnik in Verbindung mit einer Lambdasonde immer komplexere elektronische Regeltechnik notwendig. Das wiederum ist nur noch mit einer elektronischen Benzineinspritzung möglich. Mechanische Systeme hingegen können dieses nicht mehr leisten.

1979 setzt sich endgültig digitale Technik im Motorraum durch. Die Motronic. Eine elektronische Steuerungseinheit, die die Einspritzung entsprechend vorgegebener Motordaten von Zündung und  Ansaugluft bis hin zu den Abgasen regelt. Übrigens auch im Motorradbau setzte sich, etwas zeitversetzt, die Benzineinspritzung durch. Die Münch TTS/E, auch Mammut genannt, war das erste Serienmotorrad mit einer Kugelfischer-Benzineinspritzung.

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