Gottlob Espenlaub


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1945 – Kriegsende. Es keimt Hoffnung im zerstörten Deutschland. Die Menschen sehnen sich nach Freiheit, nach Mobilität. Es schlägt die Stunde von Technikern, Ingenieuren, oft kommen sie aus der Flugtechnik. Sie grübeln, wie man mit möglichst geringen Mitteln Fortbewegungsapparate auf die Räder stellen kann. Für viele ist es pure Not. Nach Ende des Krieges wollen sie Fuß fassen, auf einem jungen, kaum eroberten Markt.

Eifrig tüfteln sie am ehrgeizigen Ziel, in die durch den Krieg klaffende Lücke der brach liegenden Automobilproduktion zu stoßen. Jeder von ihnen will Automobilproduzent werden, von Rang und Ruhm. Nur wenigen gelingt es am Ende.
Als die Großen der Branche Anfang der 50er-Jahre den Automarkt wieder beherrschen, müssen die Außenseiter aufgeben. Ihre Verdienste allerdings sind für die Ewigkeit.

Ohne jeden Plan,
lediglich dem Instinkt folgend


Verrückt, verpönt, vergessen – das gilt in besonderer Weise für einen Tischler aus Württemberg, der nach dem Krieg mit unbändiger Kreativität Autos konstruiert: Gottlob Espenlaub. Es sind Fahrzeuge, teils verstörend, teils von bemerkenswerter Eleganz. Optisch hochmodern, mit konsequenter Stromlinie, als sollten sie nicht nur fahren, sondern auch fliegen können.
Gottlob Espenlaub, 1900 geboren, als ältestes von 15 Kindern. Beflügelt von maßlosen Ehrgeiz, verschafft er sich später unter den Flugpionieren schnell Respekt. Seine Konstruktionen sorgen für Aufsehen, er baut ein Fluggerät nach dem anderen, gewinnt Preise auf Segelflugwettbewerben. »Espe« konstruiert Flugzeuge, wie später seine entrückten Autos, ohne jeden Plan, lediglich dem Instinkt folgend. Segelflieger, die er aus Resten abgestürzter Fluggeräte zusammenschraubt, stattet er mit Raketen aus, testet sie todesmutig. (1966 berichtet Espenlaub in einem seltenen Filmdokument von diesen draufgängerischen Selbstversuchen, die ihn fast das Leben kosteten). Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, macht Espenlaub Bekanntschaft mit der Flieger-Legende Ernst Udet. Der berühmte Jagdpilot war im NS-Regime zum Generaloberst der Luftwaffe aufgestiegen. Udet verschafft Espenlaub Zugang zur Rüstungsindustrie der Nationalsozialisten. Er soll abgestürzte Sturzkampfbomber flott machen. In Wuppertal-Langerfeld stellt ihm das Regime Werk und Arbeiter zur Verfügung. Bald beschäftigt Espenlaub mehr als 4.000 Menschen, darunter Zwangsarbeiter. Bei der Rüstung soll deutsche qualitative Überlegenheit die quantitative Überlegenheit der Alliierten kontern. Dazu bedient man sich der Technisch-Kreativen. Die Pioniere profitieren vom Interesse der Nazis. Es winken Geld, Anerkennung, Werkstätten, Fabrikationsmöglichkeiten. Viele Kriegsprofiteure werden später behaupten, man habe nur der Technik gedient, nicht den nationalsozialistischen Kriegsanstrengungen.
Nach Kriegsende kommt das Werk zum Erliegen.

Der Flugzeugbau von den Siegermächten verboten und Arbeitsgeräte demontiert.
Mit nur wenigen Mitarbeitern versucht sich Espenlaub jetzt an etwas neuem, er baut Automobile. Eines ist ein Stromlinien-Coupé von 1953 mit Ilo Dreizylinder, Leistung 40 PS. Ein ultraflacher Sportwagen im Stil von Porsche.
Eine Serienfertigung hat Espenlaub nie ernsthaft im Sinn.

Was er auf dem jungen Automarkt der Nachkriegszeit nicht finden kann, baut er selbst, für sich. Unterlagen, Pläne? Nichts vorhanden, es hat nie existiert. Frühere Espenlaub Konstruktionen vermitteln den Eindruck, als müsse, was in der Luft verboten ist, jetzt auf der Straße weiterleben. Dazu zählt ein Sieben-Meter-Monstrum von 1948, entstanden aus Resten abgestürzter Stuka-Bomber. Es mutet wie ein Luftschiff aus einem Jules Verne Roman an, so schräg, so verrückt ist die Konstruktion. Seine fantastischen Autos blieben eine Episode. Kein einziges hat überlebt

Es soll nur eine Handvoll gegeben haben. Aber: Espenlaubs Stromlinienformen haben auf spätere Autoentwicklungen Einfluss genommen. So bleibt er, 1972 verstorben, immer auch als Autopionier in Erinnerung.

Fotos Thorsten Link

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