Der Unimog und der Winzer


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Wenn Andreas Rauscher nicht zu Fuß durch die steilen Hänge stiefelt oder unten im Tal hinter dem Tresen seiner Besenwirtschaft steht, sitzt er in einem Unimog und kurvt durch die Weinberge. Genau wie es schon sein Vater getan hat und sein Opa auch.

Der Unimog kommt überall hoch

Aber in der Regel schleppt der Unimog nur seine zwei Anhänger die paar Kilometer zur Winzergenossenschaft

Von Generation zu Generation weitergereicht

Denn der Unimog wird von Generation zu Generation weitergereicht und ist älter als Rauscher selbst. Während der jüngste Spross der Winzer-Familie erst 1985 geboren wurde, ist der passenderweise weinrote 412er vom Baujahr 1976 und nach lediglich ein paar Jahren im Werksfuhrpark bei den Rauschers im landwirtschaftlichen Dienst. Den freilich nahm der Unimog tatsächlich im Geburtsjahr des Juniors auf.
Um diesen Veteran in Rauschers 5,5 Hektar großen Weinberg zu fahren, braucht es allerdings eine gewisse Übung. Wo sich Laien am Lenkrad bisweilen etwas schwertun, erst recht, wenn sie Servolenkung und Doppelkupplungsgetriebe gewohnt sind, steuert allerdings Rauscher den Veteranen virtuos durch den Wingert – kein Wunder, denn Unimog fahren konnte er schon lange, bevor er Autofahren durfte, ruft er in den Lärm des Diesels, der tapfer unter der buckligen Haube tuckert.
Geschwindigkeitsrekorde darf man dabei nicht erwarten. Schließlich entwickelt der 2,4 Liter große Diesel gerade einmal 52 PS. Natürlich lassen sich Weinberge heute komfortabler bestellen, räumt Rauscher ein und erzählt von Kollegen, die längst auf moderne Traktoren umgestellt haben. Hatte hier früher jeder zweite Winzer einen Unimog, ist seiner heute einer der letzten. Doch die Traktoren mögen vielleicht einfacher im Handling sein, aber eben nicht im Einsatz. Denn was als Trecker zwischen den Reben fahren kann, das ist für den Straßenverkehr zu klein. Und wenn es darum geht, die Lese einzufahren und die Trauben zur Kelter zu bringen, mangelt es ihnen an Zugkraft.

Klar wird er repariert, sollte er mal kaputt gehen.

Die Jahre auf dem Weinberg haben Spuren am Unimog hinterlassen. Der Lack ist matt und schrammig, das Leder der Sitze speckig, die Nähte sind aufgeplatzt und die Kabine starr vor Schweiß, Staub und Dreck. Klar, wenn tatsächlich mal was kaputtgehen sollte, dann lässt es Rauscher natürlich gleich reparieren, selbst wenn er sich außer an eine streikende Lichtmaschine in den letzten Jahrzehnten an kaum einen Defekt erinnern kann. Doch den Wagen zu polieren oder gar zu restaurieren, das kommt dem Winzer nicht einmal im Traum in den Sinn. „Denn spätestens in ein paar Jahren sieht der doch wieder so aus“, sagt er beim Viertele in seiner Gaststätte in Stuttgart-Obertürkheim. Und ein paar Jahre wird der Unimog schon noch machen müssen. Viele Jahre. Denn: Einen anderen Wagen für seinen Weinberg kann sich der Winzer beim besten Willen nicht vorstellen.
www.besenwirtschaft-rauscher.de

Der Motor leistet 52 PS

Der Fahrerkabine sieht man an, dass der Unimog als Arbeitstier genutzt wird

Fotos Harry Steininger

 

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