Mit dem Musher durch Finnisch-Lappland


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Zu den beeindruckenden Wintererlebnissen in der Einsamkeit Nordostfinnlands gehören Touren mit dem Hundeschlitten. Durch die weite Winterwelt gleiten und nichts als das Trappeln der Husky-Pfoten hören, so fühlt sich ein Hauch von Abenteuer an.

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Willkommen in der Stille. Helena und Myria hatten uns schon nachmittags in der Saija Lodge erwartet. Inzwischen ist Dunkelheit über die weite Schneelandschaft und das kleine Hüttendorf Saija hereingebrochen, das auf Finnisch «Ort der Stille» bedeutet. Dicke Eiszapfen hängen wie Stalaktiten von den Dächern des Haupthauses. Doch im gemütlichen Restaurant ist es behaglich warm. Hausherrin Helena serviert dampfende Trockenfleischsuppe und hausgemachtes Fladenbrot. Mit finnischer Bedächtigkeit erzählt ihr Mann Asko später, wie er vor genau 20 Jahren seine Lodge in der nordostfinnischen Einsamkeit am Jokijärvi-See und nahe dem gleichnamigen Dorf aufgebaut hat. Knapp 200 Kilometer nördlich beginnt der Polarkreis und keine 100 Kilometer Richtung Osten ist man schon in Russland. Rentiere und Schlittenhunde gehören hier von jeher zum Leben und zur Fortbewegung durch die riesigen arktischen Föhren- und Fichtenwälder und die unendlichen Weiten.

Die Rentiere hat Asko längst in Motorschlitten eingetauscht. Dagegen sind die Schlittenhunde im Freizeitprogramm der Saija Lodge fest eingebunden. Jeden Abend macht der Hausherr den Routenplan für den nächsten Tag. Anhand einer Karte erklärt er die 30-Kilometer-Tour durch die Wälder, auf kleine Anhöhen und über zugefrorene Seen. Jeder von uns bekommt sein eigenes Gespann.

Musher Yare, Mitte 30, kräftig und zupackend legt den Vierbeinern für unsere sechs Gespanne das Brustgeschirr an.

Eins der Tiere, die heute im Gehege bleiben müssen, steht auf einer Hundehütte und heult herzerweichend.

«Der führt sich auf wie Satana», sagt Yare. So nennt er die Hunde, die nicht richtig spuren. Wie Michelinmännchen mit Thermoanzügen, Stiefeln, Handschuhen und Fellmützen stehen wir vor unseren Schlitten aus Kiefernholz, während Yare und Asko je fünf wendige, sibirische Huskies davor‑ spannen. Dann gibt der Musher noch ein paar kurze Anweisungen. Die Huskies können unterdessen ihre Energie kaum noch zügeln. Heftiges Geheul und wildes Gebell aus 30 Hundekehlen weckt unheimliche Vorahnungen. Gleich heben die Kraftpakete ab, schießen ungebremst in den grauen, kalten Morgen Richtung Nirwana. Kaum zu glauben, dass solch einem Rudel in ansteigendem Gelände die Energie ausgehen könnte. In diesem Fall, meinte Yare, sollten wir der eher kleinen Husky-Rasse, die zwischen 20 und maximal 60 Kilo auf die Waage bringt, durch Schlittenanschieben helfen. Und wenn es zu schnell gehe, hört man noch, müsse man einfach mit beiden Beinen auf das Zackenblech springen, das zwischen den Kufen als Bremse dient. Und das Kommando heiße hier nicht «go», sondern «ja». Dazu war es allerdings schon zu spät. Breitbeinig und leicht verkrampft auf den Kufen stehend, gleiten wir dann erst einmal beschaulich durch die ebene, weiße Winterwelt. Ganz langsam lockern sich die angespannten Muskeln. Das Tempo, das der mit dem Motorschlitten vorausfahrende Musher vorgibt, pendelt sich ein zwischen Vespa und Pferdekutsche. Genau richtig, um die Landschaft zu genießen. Verschneite Fichten links und rechts. Dann geht es über den zugefrorenen Jokijärvi-See.

Die einsame Weite ist die Heimat des beliebten finnischen Schriftstellers Kalle Päätalo (1919 – 2000). In einem fünfbändigen Roman hat der Dichter seinen Landstrich ausführlich geschildert, wie Gästeführerin Myria begeistert erzählt hat. Während kurzzeitig Nordpolgefühle aufkommen, denkt man an die darin beschriebenen langen und kargen Winter. Der Musher ist unterdessen mit seinem Motorschlitten weit vorausgefahren und man hört nur noch das Gleiten der Schlitten und das Trappeln der Hundepfoten. Der Schnee glitzert jetzt in den Sonnenstrahlen, die sich zaghaft durchgesetzt haben. Die perfekte Idylle. Da heizt plötzlich eine vermummte und behelmte Schneemobilgruppe an uns vorbei. Eine Szene, die an eine Hetzjagd in einem arktischen Thriller erinnert. Indessen gehört es zu den beliebtesten Freizeitvergnügen der Lappland-Urlauber, mit gut 100 km/h über die zugefrorenen Seen zu preschen.

Dann schon lieber mit Hundestärken durch die Natur ziehen. Nach einem kurzen Anstieg geht es auf schmalem, frisch verschneitem Pfad durch den hügeligen Kiefernwald. Konzentration ist gefordert. Jetzt heißt es, sicher auf den Kufen stehen. In den gefrorenen Furchen unter dem Neuschnee kann der Schlitten leicht kippen. Bald ist eine kleine Hütte und damit die Mittagspause in Sicht.

Herzerwichendes heulender Husky

Yare macht Feuer und hängt einen Kessel mit Lachssuppe darüber. Vorher gibt es Rentierfleisch und warmen Tee.

Die Hunde haben sich derweil zwischen den Bäumen hinter der Hütte niedergelassen. Ihre Ration, ein Gemisch aus Trockenfutter und Frischfleisch, gibt es erst abends.

In der Nähe unseres Rastplatzes ist ein zaghaftes Plätschern zu hören. Ein Fluss, der langsam durchs Eis bricht und einem Prachttaucher (Wasservogel) eine kurze Bahn zum Schwimmen freigemacht hat. Zwischen März und Mai, wenn die Polarnächte der zunehmenden Helligkeit weichen und die Temperaturen Richtung Gefrierpunkt ansteigen, kann man der erwachenden Natur zuschauen. Im gleißenden Licht der Nachmittagssonne setzen wir unseren Husky-Ausflug fort. Der Blick schweift über die unberührte Weite. Beeindruckend. Jetzt versteht man die Heimatverbundenheit der Samen, die es als Beleidigung empfinden, wenn sie als Lappen bezeichnet werden.

Als wir am frühen Abend zurückkehren, ist es wieder knackig kalt. Asko hat schon vor Stunden die Rauchsauna eingeheizt. Vor dem Saunieren wird diskutiert, ob zuerst die Männer und dann die Frauen in die Schwitzstube gehen, wie in Finnland üblich. Doch dann einigen wir uns auf gemeinsame Saunagänge. Vorab gibt es Bier und Wasser. Dann geht es hinein in die beißende Hitze. Im Ofen bollert und zischt es, während sich intensiver Holzgeruch ausbreitet. Nach dem dritten Saunagang stellt Helena einen Eimer mit Eichenzweigen in den Hitzedampf. «Damit schlägt man sich über Arme, Beine und den Rücken», sagt unsere finnische Begleiterin Outi. «Das ist gut für die Durchblutung.» Nächster Härtetest ist das Eisloch, das Asko in den See geschlagen hat. Wer das überlebt, fühlt sich wie neu geboren.

Entsprechend lebendig ist die Stimmung abends am großen Kamin im Restaurant. Man isst, trinkt und hat viel zu erzählen von ein- und, wie unsere deutschen Landsleute aus der Pfalz, zweitägigen Husky-Touren.

Reiseinfos

Finnische Zentrale für Tourismus
60325 Frankfurt/M.
Tel.: 069 – 500 701 57
www.businessfinland.fi

Nordic Marketing GmbH, Jan Badur
60325 Frankfurt/M.
Tel.: 069 – 71 40 24 98
www.nordicmarketing.de

Saija Lodge,
Fin-93400 Taivalkoski
Tel.: 003588 847 511
www.saija.fi

Pauschalangebot

… für eine Husky-Woche mit Ein- und Zweitagessafari: 1.115 €/pro Person inkl. Transfer vom und zum Flughafen Kuusamo

Anreise

Lufthansa und Finnair fliegen von allen größeren Flughäfen nach Helsinki. Anschlussflüge nach Kuusamo

Finnland-Zeit

MEZ + 1 Stunde

Lektüre

Richtig reisen Finnland/Dumont (22,95 €)

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