Heiligenstadt: Von Theodor Storm und Feldkiekern


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Ein herrlicher Tag, kühl, aber sonnig. Durch die Stadt streifen, Schaufenster ansehen, plötzlich stoppe ich. Da geht Pole Poppenspäler lesend seinen Weg, aus Bronze, versteht sich. Jeder denkt, ah, das ist Husum, die graue Stadt am grauen Meer, die der Schriftsteller und Autor des berühmten Schimmelreiters Theodor Storm so liebte.

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Theodor Storm: „Pole Poppenspäler“, eine der bekanntesten Novellen des Dichters, spielt unter anderem in Heiligenstadt.

Irrtum. Wir sind in Heilbad Heiligenstadt. Der norddeutsche Dichter arbeitete hier zwischen Herbst 1856 und Frühjahr 1864 als Kreisrichter, nachdem er Husum aufgrund seines Engagements für die schleswig-holsteinische Erhebung verlassen musste. Bald schwärmte der Dichter von der abwechslungsreichen Landschaft und verfasste immerhin elf Novellen und Märchen, darunter die bekannte Weihnachtsgeschichte „Unter dem Tannenbaum“ mit dem Gedicht „Knecht Ruprecht“. So manche Eindrücke von Stadt und Umland flossen in seine späteren Werke ein. Etwa das Gefangenenhaus, gleich gegenüber Storms Wohnung in der Wilhelmstraße 73, das zu einem Schauplatz der Novelle Pole Poppenspäler wird, die 1874 in Husum entstand.

Heiligenstadt ist ein schmuckes Städtchen. Mitten im grünen Herzen Deutschlands, also in Thüringen gelegen, blickt es als historische Hauptstadt des katholischen Eichsfelds mit heute ca. 16.000 Einwohnern auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Seiner Bevölkerung gelang es selbst in den schwierigen DDR-Zeiten religiöse Zugehörigkeit und traditionelle Verwurzelung in der Region südlich des Harzes zu bewahren.

Inzwischen lockt das Heilbad mit Kneipp-Kuren, einer Thermalsole und allerlei Kuranwendungen im modernen Vitalpark. Zwischen Wellness und Rehabilitation sei dem Gast ein Spaziergang durch den kleinen, aber abwechslungsreich gestalteten Kurpark, einschließlich imposantem Wasserfall, und durch die Altstadt empfohlen.

Kulturgeschichtlich hat diese Stadt einiges zu bieten. Oder wussten Sie, dass der berühmte Bildschnitzer Tilmann Riemenschneider 1460 in Heiligenstadt geboren wurde? Zwar muss man seine berühmten Werke andernorts bestaunen, kann aber auf einen Besuch des Literaturmuseums Theodor Storm ausweichen. Lohnenswert und alles andere als verstaubt! Neben einer Dauerausstellung zum berühmten norddeutschen Dichter zeigt es wechselnde Ausstellungen, wie 2013 zur Schriftstellerin Brigitte Reimann, die Themen aktueller Literaturdebatten aufgreifen. Berühmt ist übrigens die Teestunde des Storm Literaturvereins, ganz nach des Dichters täglicher Sitte.

Literarisch geht es weiter. Schon grüßt eine Büste Heinrich Heines im Kurpark und der Spaziergänger ahnt, des Dichters Präsenz müsse bedeutungsvoll sein. In der Tat. Hier, unweit von seinem Studienort Göttingen gelegen, ließ sich Heinrich Heine am 28. Juni 1825 protestantisch (!) taufen. Nach so viel literarischer Prominenz verwundert es kaum, an einem Bürgerhaus in der Wilhelmstraße eine Tafel mit dem Satz „Goethe war hier“ zu entdecken, und zwar am 6. Juni 1801.

Kulturgenuss macht hungrig. Traditionell deftig im Eichsfeld mit der kräftigen Wurstspezialität Eichsfelder Feldkieker. Einige Fleischereien beherrschen noch die klassische Herstellungsmethode und bieten diese aus gewürztem Schweinefleisch in Lufttrocknung gereifte Köstlichkeit an. Nach Hausmacherart, heißt es selbstbewusst. Auffallend an dieser Stadt sind Möhren, gar ein Möhrenkönig, der einem immer wieder über den Weg läuft. Was es mit diesem auf sich hat? Da schweigt des Dichters Höflichkeit. Finden Sie es bei einem Besuch heraus. Übrigens: Der Feldkieker (ggf. online bestellbar) schmeckt nicht nur auf Brot, sondern ebenso zu Eintöpfen oder mit Gemüsebeilage. Das dürfen auch Möhren sein.

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Wurst: Feldkieker – luftgetrocknete Delikatesse auf Brot und zum Eintopf oder mit Gemüse aller Art

www.heilbad-heiligenstadt.de

www.eichsfeld.de

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