90 Jahre Glacier Express


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Im Graubündner Nobelort St. Moritz startet der legendäre Zug. Knapp acht Stunden ist die Schmalspurbahn unterwegs, bevor sie ihr Ziel, das 290 Kilometer entfernte Walliser Bergdorf Zermatt erreicht. Steile Anstiege, enge Kurven und Galerien zwingen den Zug zur Langsamkeit. Während der Glacier Express im Graubündner Land tiefe Schluchten über schwindelerregend hohe Brücken überwindet und extreme Gefälle durch Kehrtunnels oder Schleifen auffängt, arbeiten sich Lok und Waggons im Wallis per Zahnradbetrieb steil auf- und abwärts.

Glacier Express auf dem Landwasserviadukt

Vor 90 Jahren nahm der Glacier Express erstmals die gesamte Strecke quer durch die Schweizer Gebirgslandschaft unter die Räder. Bevor es soweit war, musste eine Armada an Arbeitskräften die Schienen mit bahntechnischen Kunstgriffen durch das unwegsame Gelände verlegen. Zu den Meisterleistungen gehört der Streckenabschnitt zwischen Preda und Bergün kurz nach dem Albulapass. Durch drei kurz aufeinander folgende Kehrtunnels schraubt sich die Bahn hier über knapp zwölf Kilometer gut 400 Meter talwärts. Danach folgt eine Verschnaufpause im Bahnhof Filisur auf 1.370 Metern Höhe. Zügig geht es anschließend weiter Richtung Landwasserviadukt. Vorher kommt noch ein Tunnel, einer von 91. Nach kurzer Dunkelheit spuckt der Berg die Bahn ohne Vorwarnung gleichsam in die Luft: Eine senkrecht abfallende Felswand und schäumendes Gebirgswasser in 60 Metern Tiefe im Rücken rattert der Zug über das schmale, von mächtigen steinernen Pfeilern getragene Viadukt, während im Innern gebannte Stille herrscht. Die spektakuläre Brücke ist nur eine von 291 auf der Strecke.
Drei Jahrzehnte hatte der Bau der abenteuerlichen Bahnlinie gedauert, deren Verwirklichung zunächst selbst Optimisten anzweifelten. Anfangs dampfte die Bahn elf Stunden von der Südost- in die Westschweiz, weil sie zusätzlich den 17 Kilometer langen Furkapass überwinden musste.
Nach Fertigstellung des Furka-Basistunnels war der Glacier Express nicht nur schneller damit war auch die Strecke im Winter befahrbar. Allerdings nicht ohne Zahnräder. Nach Chur schlängelt sich der Zug zwischen mächtigen Felswänden durch die 15 Kilometer lange Rheinschlucht Ruinaulta. Tosend bahnt sich der wilde Vorderrhein direkt neben der Schiene zwischen dem steilen Kalkmassiv seinen Lauf. Ein grandioses Naturschauspiel. Kurz vor Illanz öffnet sich das Tal. Die Streckenführung der Rhätischen Bahn steuert der Endstation in Disentis zu und geht nahtlos in den Schienenweg der Matterhorn Gotthard Bahn über.
Über Serpentinen geht es Richtung Andermatt, den Verkehrsknotenpunkt zwischen Oberalp-, St. Gotthard- und Furkapass. Dann taucht der Glacier Express in den 15 Kilometer langen Furkatunnel ein. 20 Minuten später sind die ersten Sonnenstrahlen des Kantons Wallis in Sicht. Links und rechts bestimmen jetzt schneebedeckte Viertausender das Landschaftsbild, mittendrin das ewige Eis des Aletschgletschers. Nach mehreren Kehrtunnels talwärts wird schon der nächste Kulissenwechsel sichtbar: Das milde Rhônetal. An sanften Hügeln vorbei nähert sich der Zug der zerklüfteten Bergwelt und schiebt sich schnaubend durch die enge Kipfenschlucht bergauf. Spätestens hier wird klar, warum der Löwenanteil der jährlichen Betriebskosten in den Streckenerhalt der einzigartigen Bahnlinie fließt.
Ein paar Kurven weiter ist Zermatt bereits zu erkennen. Majestätisch erhebt sich das 4.500 Meter hohe Matterhorn, das lang ersehnte Fotomotiv, über dem Bergdorf.

www.myswitzerland.com
www.rhb.ch
www.mgbahn.ch

FOTOS CHARLOTTE WOLF

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