Noch in den 70er-Jahren schickten die großen Stahlriesen und Farbwerke ihre Mitarbeiter zur Erholung ins Weserbergland. Zum Durchatmen und Wandern in eine der schönsten Landschaften Deutschlands. Mittlerweile hat die Region ihren Anschluss an die Welt verloren. Flughafen, ICE oder Autobahnen, alles ist mindestens eine Stunde weit entfernt.
Deutsche machen lieber Urlaub auf Malle als in Holzminden an der Weser. Einen dreiwöchigen Urlaub mag hier keiner recht verbringen. Aufregend ist hier kaum etwas. Und genau das macht das Weserbergland zu einem der schönsten Urlaubsziele. Endlich einmal Ruhe für die Seele.
Wer im Spätherbst durch die goldenen Wälder fährt, die kleinen schmalen Landstraßen, die oft nicht einmal einen Mittelstreifen haben, begegnet oft minutenlang keinem anderen Auto. Belohnt wird der Ausflügler immer wieder von atemberaubenden Aussichtspunkten auf das Wesertal. Hier kann man sogar einen Sonnenuntergang von oben beobachten.
Die Weser, das sind eigentlich Werra und Fulda, die bei Hannoversch Münden zusammen fließen, zählt im Vergleich zum Rhein eher zu den gemütlichen Flüssen. Gemütlich, wie alles was es im Weserbergland zu besichtigen gibt. Wie etwa das mächtige Schloss Bevern bei Holzminden, das repräsentativ für die Weserrennaissance steht. Der Baustil bezeichnet eine regionale Variante der nordischen Renaissance.
Schlösser, Bürger- und Sakralbauten der Renaissance haben sich in ungewöhnlich hoher Dichte erhalten, weil sich die Region wirtschaftlich nur schleppend von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges erholte und für eine barocke Umgestaltung die Mittel fehlten. Buntsandstein statt Marmor. Fachwerk statt Stuck.
Unbedingt zu empfehlen ist ein Besuch im Münchhausenland. Die Stadt Bodenwerder feiert den Lügenbaron mit Musicals, Museen und Statuen bis heute. Dabei kann der gar nichts dafür. Denn ein gelegentlicher Gast in Bodenwerder, Museumsdirektor Rudolf Erich Raspe, stibitzte – um Schulden zu begleichen – 1774 einige Antiquitäten aus den landgräflichen Sammlungen in Kassel. Der Diebstahl wurde entdeckt, Raspe floh. Um Geld zu beschaffen, veröffentlichte er 1785 in London eine Reihe von Anekdoten und Reiseabenteuern unter Münchhausens Namen. Raspes Buch wurde ein irrwitziger Erfolg. Diese Publikationen machten Münchhausen zwar weltberühmt, brachten ihm jedoch den Ruf als „Lügenbaron“ein, was ihn bis zu seinem Tod verärgerte.