Procida vor Neapel – die fast unbekannte Insel


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„Um ein Haar“, erzählt der Rentner Peter H. lachend, „wäre ich aus Versehen in Procida gelandet. Wir wollten von Neapel nach Ischia, als die Fähre anlegte, schnappten wir unsere Koffer und gingen von Bord. Als wir dem Taxifahrer ‚Hotel Sorriso in Forio’ zuriefen, schüttelte er den Kopf, zeigte auf das Schiff und sagte ‚Ischia!’ – Wir aber schnell wieder rauf auf den Kahn.“

Procida Hafen

So wie Peter H. geht es vielen Reisenden, die sich von der Bläue des Tyrrhenischen Meeres angezogen fühlen. Zwei der Inseln vor Neapel erfreuen sich höchster Beliebtheit bei deutschen Touristen, während die dritte kaum jemand kennt. Die Schönheit der Insel Capri ist spätestens seit der Zeit in aller Deutschen Munde, als sie besungen wurde. Ischia hingegen ist vielleicht ein weniger malerisches Eiland, verfügt aber dank seiner warmen Heilquellen über einen Schatz, der viele Touristen anzieht. Das dritte Inselchen heißt Procida – hier legen viele Fähren einen Halt ein, die von Neapel oder der Hafenstadt Puzzuoli vom italienischen Festland nach Ischia fahren.

Bei der Einfahrt in den Hafen von Procida bietet sich ein malerisches Bild farbiger Häuser, die sich dicht an- und aufeinander gebaut den Hang hinaufziehen. Unmittelbar am Kai zum Fährhafen zieht eine gelb bemalte Kirchenkuppel die Blicke auf sich. Weiter oben erkennt man auf einem Hügel festungsähnliche Gebäude; ein Bau neben dem Kloster hat bis in die 1980er-Jahre als Gefängnis gedient. Dort auf der Höhe liegt auch der älteste Siedlungskern der nur vier Quadratkilometer kleinen Insel, auf der heute über 10.000 Menschen wohnen.

Trotz des anziehenden Bildes gehen in dem Grande Marina genannten Fährhafen fast nur Einheimische an Land. Die Tagestouristen, die aus Ischia herüberkommen, kann man an einer Hand abzählen. Der Grund: Es gibt weder historische Monumente von größerer Bedeutung noch Traumstrände. Wer hier ankommt, kann nur das Leben der Einheimischen beobachten, zum Beispiel bei einem Getränk auf der Terrasse eines der Cafés gegenüber des Fähranlegers. Hier kommt keine Langeweile auf: Mehrere Linien laufen Procida auf dem Wege nach oder von Ischia an. Auf den schnellen Katamaranen mit Leichtmetallrümpfen können nur Passagiere mitfahren. Die Autos, die auf den Kai von Procida rollen, zeugen in ihrer bescheidenen Größe davon, dass hier der Reichtum nicht daheim ist.

procida_fischer

Wo dank der geringen Landmasse nur Platz für Gärten, aber nicht für größere Felder ist, haben sich die Bewohner seit jeher der Fischerei zugewandt – und der Seefahrt: Nicht zufällig wurde hier Mitte des 19. Jahrhunderts das Istituto Nautico angesiedelt, die älteste Seefahrerschule der Welt. In deutlichen Lettern ist der Name an einem Gebäude angeschrieben, das sich in seiner Größe von den eher bescheidenen Behausungen der Inselbewohner abhebt.

Wer einen bebauten Hügel in nordwestlicher Richtung überquert, dem liegt der Fischerhafen Marina di Corricella zu Füßen, und das Panorama dort übertrifft den Blick während der Einfahrt mit der Fähre: So stellen sich Mitteleuropäer eine südländische Insel vor! Tatsächlich flicken hier die viel zitierten Fischer ihre Netze am Ufer – kurzfristig denkt man, das örtliche Tourismusbüro bezahlt sie für ihre romantisch verklärte Arbeit, die immer ein wunderbares Fotomotiv hergibt. Aber dem ist nicht so, weil es ja gar keinen Massentourismus gibt, dem man etwas Folklore vorspielen müsste.

Kein Wunder, dass diese Insel als Filmkulisse und Romanhintergrund diente. Der bekannteste Film ist wohl „Der Postmann“ (Originaltitel „Il Postino“) aus dem Jahre 1994, der von dem chilenischen Dichter Pablo Neruda handelt und teilweise auf Procida gedreht wurde. Somit holt den Besucher der Tourismus doch ein wenig ein, denn unmittelbar am Fischerhafen hat ein Wirt sein Gasthaus „La taverna del Postino“ genannt. Die Preise im Restaurant gleich daneben mit derselben unbezahlbaren Aussicht auf Fischerboote und Stadtbild sind günstiger.

Informationen und Reisevermittlung:
www.ischia-wandern.de

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