Gaffen tötet


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Sie sind so ziemlich das Widerlichste auf deutschen Straßen: Gaffer an Unfallstellen, die Rettungskräften im Weg stehen, obendrein noch Fotos oder Videos machen und diese anschließend ins Internet stellen. Menschen, die sich am Leid anderer ergötzen. Das hat mit natürlicher Neugier nichts mehr zu tun. Eine ungewöhnlichen Aktion der Johanniter-Unfall-Hilfe führt jetzt diesen hirnlosen Zeitgenossen ihr Tun vor Augen.

Seit 2021 eine Straftat

Acht Rettungswagen, ein Intensivtransportwagen sowie Rucksäcke der Hilfskräfte wurden bei den Berliner Johannitern mit einem bunten Karo-Muster versehen. Bei näherem Hinsehen ähneln sie den allseits bekannten QR-Codes. Genau die sind in dem farbenfrohen Design versteckt. Und jetzt kommt das Smartphone ins Spiel: Die meisten suchen über die Foto- und Video-Funktion nach den kleinen meist schwarz-weißen Quadraten. Sobald ein QR-Code erkannt ist, führt der Weg direkt auf die Internet-Adresse: www.gaffen-toetet.de und spätestens nach einem Klick erscheint unübersehbar auf dem Handy-Bildschirm: »Achtung! Gaffen tötet!«. Scrollt der Gaffer runter, so kommt der Hinweis „Seit dem 01.01.2021 ist Gaffen gemäß § 201a StGB eine Straftat, die mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden kann. Danke, dass du dich richtig verhältst!“ Hoffen wir, dass es wirkt. Wer dann immer noch auf den Auslöser drückt, ist einfach skrupellos.
Die Idee stammt von der Kreativ-Agentur Scholz & Friends. Sie entwickelte auch das innovative Design – und zwar kostenlos. Die Aktion soll hauptsächlich Aufmerksamkeit wecken und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass auch das »schnelle Foto« schon Gaffen ist, betont Johanniter-Pressereferentin Juliane Flurschütz. „Ziel ist, der gaffenden Person ihr eigenes Handeln vor Augen zu führen.“
Es soll natürlich nicht bei den neun Fahrzeugen bleiben. „Aktuell bereiten wir eine bundesweite Pilotphase in unserem Verband vor“, so Flurschütz. „Die Pilotstandorte werden ab August mit dem Design ausgestattet. Erste Fahrzeuge kann man ab September auf den Straßen sehen.“ Die Testphase wird von der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften – einer 2009 gegründeten privaten Hochschule der Johanniter-Unfall-Hilfe – wissenschaftlich begleitet.
Interesse an dem Design gibt es schon von anderen Hilfsorganisationen. Erst nach Auswertung der Ergebnisse erfolge eine bundesweite Umsetzung, bremst Flurschütz: „Daher bitten wir diejenigen, die das Design ebenfalls nutzen möchten, noch um etwas Geduld.“ Grundsätzlich haben die Johanniter aber sicher nichts dagegen, wenn die Idee Nachahmer findet. Bundesvorstandsmitglied Jörg Lüssem: „Es macht mich stolz, dass wir als Johanniter hier Vorreiter für etwas sind, was viele weitere Organisationen zum Mitmachen anregen wird.“

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