Fahrräder für die ganz langen


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Sein längster Kunde ist 2,17 m groß, er selbst misst »nur« 1,98 m: Frank Raußen aus Wettringen im nördlichen Münsterland. Doch auch mit knapp unter zwei Metern hatte der 45-Jährige neben der Suche nach passender Kleidung ein Problem. Es gab auf dem Markt einfach kein Fahrrad, das seiner Körpergröße gerecht wurde. Aus der Not machte er eine Tugend und baut selbst Räder mit einer Rahmenhöhe von bis zu 84 cm – normal sind so um die 50 cm, Übergrößen namhafter Hersteller schaffen auch mal 70 cm. Was als Nebenerwerb in der heimischen Garage begann, ist für den Maschinenbaumeister und seine Frau Ruth heute ein Full-time-Job mit Kunden aus ganz Zentraleuropa. Selbst in den USA und der Ukraine fahren einzelne Fahrräder made in Wettringen.

Frank und Ruth Raußen haben großen Erfolg mit ihren XXL-Bikes. Foto: Gregor Mausolf

Wer jetzt glaubt, die Maße eines Fahrrades würden allein über die Rahmenhöhe definiert, wird von Frank Raußen eines Besseren belehrt. „Einfach aufblasen geht nicht. Oft steigt mit der Länge auch das Gewicht“, erklärt Raußen. Entsprechend sind manche Rahmen mit zusätzlichen Rohren verstärkt. In seinem Geschäft gibt es einen Eigenbau-Rahmen zum Probesitzen. Und an dem lassen sich rund zehn verschiedene Parameter verstellen: Neben den durchaus üblichen Höhen und Neigungen von Sattel und Lenkstange auch die Winkel der einzelnen Rahmenrohre und ihre Längen. Und an ihnen wird so lange gedreht, bis der Kunde die optimale Sitzposition gefunden hat. Breitere Pedale geben zusätzlichen Halt.
Neben der Einstellbank hängt ein riesiger Spiegel. Hier kann der Kunde direkt seine Sitzposition prüfen, damit er nicht wie ein »Affe auf dem Schleifstein« mit dem Rad daherkommt. „In normalen Spiegeln sehe ich meinen Kopf meistens nicht“, erläutert der Fast-zwei-Meter-Mann.
Die Rahmen werden nach Raußens Maßangaben von Spezialfirmen zusammengeschweißt und in einer beliebigen RAL-Farbe lackiert, alles Weitere macht der Wettringer in der eigenen Werkstatt. Bei allem verwendet er ausschließlich hochwertige Standardkomponenten, damit der Kunde bei einer Inspektion nicht an ihn gebunden ist. Bei der Teilewahl hat der 45-Jährige auch – wie bereits beim Rahmen – stets die Körperproportionen der Kunden im Auge.
Vor jedem Fahrradbau steht ein ausführliches Gespräch über die Wünsche des Kunden und eine Probefahrt mit einem ähnlich großen Fahrrad. Erst dann kommen die Vermessung und die weitere Planung. Insgesamt hat das neue Rad eine Vorlaufzeit von vier bis fünf Monaten. „Wir haben ein Problem, das ist unser Erfolg“, schmunzelt Frank Raußen. Ab 2.500 € gibt es bei ihm Fahrräder mit Maßrahmen. „Nach oben ist natürlich alles offen“. Pedelecs beginnen bei 4.500 bis 5.000 €.
Aktuell hat der Wettringer ein Fahrrad für einen sehr kleinen Kunden in Arbeit. Auch hier gilt: Einfach schrumpfen geht nicht, und Kinderfahrräder entsprechen nicht zwingend den Proportionen erwachsener Pedalritter.

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