Ein Hausboot auf der Mosel


Der ungewöhnliche Wohnsitz der Familie Lünsmann

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Mit Sophia Loren und Cary Grant, mit Heikko Deutschmann und Julia Koschitz und natürlich mit Tammy: Hausboote waren vielfach bereits heimliche Stars im Fernsehen und auf der Leinwand, in Spielfilmen wie in TV-Serien stahlen sie den renommierten Hauptdarstellern zuweilen locker die Show. Für Marcus Lünsmann und seine Familie ist das schwimmende Eigenheim dagegen schlichtweg Realität.

Lünsmann ist ein Nordlicht, dazu Experte für duale Dieselmotoren, singt im Trierer Domchor und ist eben auch Hobby-Kapitän. Ein vielseitiger Mann mit insgesamt vierköpfiger Familie. Die zog es von Stuttgart an die Mosel nach Trier. Die Liebe zum Wasser und zum Boot waren geblieben. In Roermond, in der niederländischen Provinz Limburg, fand die Familie, was sie suchte. Ein fast 60 Jahre altes Holzboot aus Skandinavien, ein hochseetaugliches, schwimmendes Eigenheim namens Ranja. „Wir sind aber noch nicht ganz draußen gewesen“, sagt Lünsmann.
Es ist ein wunderbarer, sonnendurchfluteter Samstagmorgen, als wir uns treffen. Marcus hat uns eingeladen, möchte sein Projekt und seine Crew vorstellen. „Im Sommer liegen wir in Konz an der Saarmündung, im Winter in Pölich“, erklärt er. Boote, sagt Lünsmann, habe er von klein auf geliebt. In Schleswig-Holstein aufgewachsen, war er von frühauf auch mit dem Segeln vertraut.
Der Vater arbeitete bei der Bundeswehr, was häufiges Umziehen mit sich brachte. Sohn Marcus studierte an der Technischen Hochschule im oberbayerischen Rosenheim, entwickelte nach dem Studium unter anderem Holzfenster für einen Marktführer.
„Ranja ist ein Teil von uns“, erzählt der Wahl-Trierer. Aber sie kostet auch viel Zeit, viel Geld und viel Energie. Auf dem Schiff muss jeder mit anpacken. Rund 6.000 Euro hat er damals als reinen Kaufpreis hingeblättert. Durch die Arbeit daran wurden es noch einige Tausender mehr.
So, die beiden Dieseltriebwerke unter den Planken sind freigelegt. Zwei Getriebe mit rund 86 PS, zwei Wellen. Pro Motor 1.000 Kilo warten da unten darauf, dass die Einspritzpumpen ihren Dienst aufnehmen. Marcus, so erzählt er uns, während er am Steuerrad steht, hat den Bootsführerschein erworben. Dass man die alte Funktechnik für die vielen Schleusen auf der Mosel beherrscht, sei ein Vorteil. Wenn einer, der zur Crew gehört, dieses Patent hat, bedeutet das auch, dass jeder andere den »Kahn« steuern darf und kann. Das erleichtert vieles, sorgt aber auch für eine „flache Hierarchie“ an Bord.
„Wollen wir mal rausfahren?“, fragt er unternehmungslustig. Klar doch. Unter uns schütteln sich die mächtigen Triebwerke, dunkler Rauch am Heck des Schiffs steigt auf. Jetzt beginnt das Gemeinschaftswerk, die Ranja muss durch die Gasse der übrigen im Hafen liegenden Boote mit langen Stangen und mit viel Gefühl der Crew am Bootsrand nach draußen manövriert werden. Der Fluss lädt zu einer mittäglichen Spazierfahrt ein, ruhig und bedächtig. Und die dunklen Wolken am Heck des Boots haben sich verzogen.

Fotos Jürgen C. Braun

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