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                                    Autonews t%u00e4glich auf newsroom.kues.de 33KULTUREin ganzes Buch %u00fcber einen Stubenhocker! Was h%u00e4tte Harry Rowohlt auch anderes sein sollen. Die meiste Zeit seines Lebens sa%u00df er in seiner Hamburger Wohnung und %u00fcbersetzte die Werke von Autorinnen und Autoren aus der englischen Sprache. Damit hat er es schlie%u00dflich zu Weltrang gebracht, denn so gut wie er konnte das sonst keiner. Einen leidenschaftlichen Stubenhocker hat er sich %u00fcbrigens auch selbst genannt.Angefangen hat das mit Alexander S. Neills %u00bbDie gr%u00fcne Wolke.%u00ab Der Klassiker f%u00fcr Kinder galt als un%u00fcbersetzbar %u2013 bis Harry Rowohlt sich daran begab! Aus der einen sind rund 150 TEXT K%u00dcS/Roland BerndFOTOS Joachim Becker, Martina Kothe (mit freundlicher Genehmigung des Kein & Aber Verlags)Stubenhocker und %u00d6ffi-Nutzer von WeltrangHARRY ROWOHLT:%u00dcBERSETZER UND AUTOR IN DEN WORTEN VON ALEXANDER SOLLOCH%u00dcbersetzungen geworden. Frank McCourt, Flann O%u2019Brien, A. A. Milne, um nur drei zu nennen. Die sch%u00f6nste W%u00fcrdigung seiner %u00dcbersetzungen kommt wohl vom Zeichnerduo Hauck & Bauer. Die lassen in einem Cartoon eine Figur zu einer anderen sagen; %u201eDas Buch musst Du in der %u00dcbersetzung von Harry Rowohlt lesen. Im Original geht da viel verloren.%u201cSo legend%u00e4r wie seine %u00dcbersetzungen sind seine Kolumnen geworden und sp%u00e4ter seine in Buchform ver%u00f6ffentlichte Korrespondenz. Aber die ist durch seine Lesungen locker in den Schatten gestellt worden. Sie dauerten mindestens vier Stunden, durchaus schon mal sechs. Daf%u00fcr reiste er quer durch Deutschland, denn auch hier war er extrem gefragt. Er war passionierter Nutzer von Bus und Bahn, von %u00bb%u00d6ffis%u00ab, wie er die %u00f6ffentlichen Verkehrsmittel selbst abk%u00fcrzte.%u201eSchausaufen mit Betonung%u201c hat Harry Rowohlt seine Lesungen genannt. Flapsigkeit, die keineswegs zudecken darf, dass hier einer am Werk war, dem in Allgemein-, Sprach- und Herzensbildung so schnell niemand ebenb%u00fcrtig war. Geschichte, Geografie, sprachliche Feinheiten und noch mehr sprudelte nicht nur auf dem Podium, sondern auch im direkten Dialog nur so aus ihm heraus. F%u00fcr Ehrfurcht, die man als junger Journalist vor ihm durchaus haben konnte, hatte er maximal ein Kopfsch%u00fctteln %u00fcbrig. Als sich f%u00fcr ihn eine Rolle in der ARD-Serie %u00bbLindenstra%u00dfe%u00ab auf Dauer abzeichnete, kam aus seiner Sicht nur eine in Frage: Penner Harry. Die wurde es dann auch %u2013 mit grandiosem Erfolg, bis zu seinem Tod.2015 ist er mit 70 Jahren gestorben. Zum 80. Geburtstag legt der Journalist Alexander Solloch Harry Rowohlts Biografie vor. In den vier Jahren Arbeit daran hat er mit zahlreichen Weggef%u00e4hrten gesprochen, behutsam den schriftlichen Nachlass ausgewertet und eine sch%u00f6ne W%u00fcrdigung zwischen zwei Buchdeckel gebracht. Harry Rowohlt fehlt in einer Zeit, in der einerseits behauptet wird, heutzutage lese doch kein Mensch mehr und die KI richte das Wesentliche, und andererseits beklagt wird, dass sprachliche Einfalt die fehlende sprachliche Vielfalt ersetzt. Harry Rowohlt selbst hat es pr%u00e4gnanter formuliert und als eine seiner Lieblingstugenden benannt: Sagen, was man denkt. Und vorher was gedacht haben. Zur Nachahmung empfohlen. Heute erst recht! Alexander Solloch: Harry Rowohlt. Ein freies LebenKein & Aber VerlagPrint: 26 Euro e-Book: 18,99 Euro.
                                
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